Die Berliner Philharmoniker genießen weltweiten Ruhm. Und mit rund 40 Konzertprogrammen und mehr als 130 Konzerten pro Jahr ist das Orchester auch besonders produktiv. Für das Media-Team der Berliner Philharmoniker erfordert dies maximale Effizienz in der Vor- und Nachbereitung, denn die Konzerte werden live gestreamt und stehen den Abonnenten der Digital Concert Hall bereits wenige Tage später in der hauseigenen Mediathek zur Verfügung. Beim Streaming, dem Videoschnitt und der Video-Postproduktion setzen die Berliner seit vielen Jahren erfolgreich auf Grass Valley EDIUS.

Die Geschichte der Berliner Philharmoniker reicht bis in das Jahr 1882 zurück und die Namen der Dirigenten und Solisten sind legendär. Bereits 2006 beschließen die Berliner Philharmoniker einen für die damalige Zeit visionären Schritt. Das Ensemble beschließt, die Konzerte in optimaler Bild- und Tonqualität künftig in Eigenregie zu produzieren und via Internet zu übertragen.

Acht stationäre Kameras
BU: Acht stationäre Kameras im Saal der Berliner Philharmonie

Dazu wurde sowohl der Saal der Berliner Philharmonie um acht stationäre Kameras und Regietechnik auf Broadcastniveau aufgerüstet als auch die Entwicklung einer App für die verschiedensten Soft- und Hardware-Plattformen gestartet.

Das Angebot der „Digital Concert Hall“ erlaubt es seitdem Musikliebhabern weltweit, Konzerte und Dokumentationen der Berliner Philharmoniker unter anderem auf PCs und Tablets, Smart-TVs, via Apple-TV oder Amazon Fire-TV und zu besonderen Anlässen sogar in ausgewählten Kinos zu erleben.

Durch den Erfolg der „Digital Concert Hall“ konnten die Berliner Philharmoniker stetig wachsende Erlöse generieren. Und dies entgegen dem Trend branchenweit rückläufiger Umsätze im traditionellen Tonträgermarkt.

Broadcast-Technik auf höchstem Niveau

„2008 hat uns die Welt mit der Schlagzeile “Die Berliner Philharmoniker spielen für 10 Euro im Internet” sogar auf ihre Titelseite gebracht“ erinnert sich Christoph Franke, der als Klangregisseur und Creative Producer die Entwicklung der „Digital Concert Hall“ von Beginn an mitkonzipiert und begleitet hat.

die Welt
BU: Auf der Titelseite der „Welt“: “Die Berliner Philharmoniker spielen für 10 Euro im Internet”

Ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung der Deutschen Bank, dem Sponsoring von Broadcast-Herstellern wie Sony und später Panasonic verfügen die Berliner Philharmoniker über eine Kamera- und Studiotechnik auf höchstem Niveau, die regelmäßig aktualisiert wird. 2008 nahm das Team um Christoph Franke den regulären Produktionsbetrieb mit Sony HD-Kameras im Format XDCAM 422 auf. Vor gut zwei Jahren wurden die Kameras, nun von Panasonic, sowie die Postproduktion und Regietechnik auf 4K aufgerüstet. Das Videosignal der acht stationären 4K-Kameras wird jeweils per SDI-Quadlink in die Studioregie übertragen und von dort als AVC Ultra in den Serverraum, so die Signale pro Kamera als AVC Ultra in 800 Mbit/s aufgezeichnet werden.

EDIUS kommt in dem Workflow der Philharmoniker gleich mehrfach zum Einsatz. „Während des Livestreamings nutzen wir EDIUS in Kombination mit VisTitle, um Titel und Untertitelungen einspielen zu können. Die Performance von EDIUS wird hier ideal ergänzt durch die vielfältigen Gestaltungmöglichkeiten, die VisTitle uns bietet.“

EDIUS kombiniert mit VisTitle

Konkret müssen zum Beispiel komplexe Vorgaben des Corporate Designs exakt umgesetzt werden. Dazu ist es erforderlich, unterschiedliche Schriftarten oder auch Schriftgrößen innerhalb einer Zeile kombinieren zu können. „VisTitle bietet diese Möglichkeit und auch das Handling von SRT-Dateien zur Untertitelung funktioniert perfekt“ erläutert Christoph Franke.


BU: Klangregisseur und Creative Producer Christoph Franke am EDIUS-Schnittplatz

Ist das Konzert beendet, beginnt für das Postproduktions-Team die eigentliche Arbeit. Schließlich soll die Aufzeichnung, die in der Mediathek der Berliner Philharmoniker für die Abonnenten dann abrufbar sein wird, höchste Qualitätsansprüche erfüllen.

In einem ersten Schritt wird die live gemischte Audio-Stereo-Spur mit einem komprimierten Videosignal exportiert. Während des Audioschnitts dient das Videobild allein zur Prüfung der Synchronizität von Audio und Video.

Bereits vor dem eigentlichen Konzert zeichnet das Media-Team regelmäßig auch die beiden Proben auf. „Gelegentlich bittet uns ein Musiker, für die finale Fassung ersatzweise einen Part aus der Probenaufzeichnung zu verwenden“ erläutert Christoph Franke. „Je nach Länge der Sequenz tauschen wir dann entweder nur den Audio-Part oder auch Audio und Video gesamt aus.“

Bildregisseur
BU: Bildregisseur Robert Gummlich erläutert die Abläufe in der Studioeregie

Oder aber das Team stellt bei der Prüfung der Aufzeichnung fest, dass ein Störgeräusch, wie zum Beispiel Husten im Publikum, zu hören ist. „Dann können wir dieses Geräusch durch Spectral Cleaning maximal reduzieren.“

Tonschnitt und Optimierung werden mit einer spezialisierten Audio-Softwarelösung durchgeführt. Sobald die Audio-Bearbeitung abgeschlossen ist, wird in EDIUS weitergearbeitet. Die Original-Tonspur wird in EDIUS durch die bearbeitete Audiofassung ersetzt.

Das Drehbuch zum Konzert

Jedem Konzert geht eine aufwändige Planung voraus. Die Bildregisseure notieren in der Partitur wie in einem Drehbuch exakt den Zeitpunkt für den gewünschten Umschnitt. Jede Einstellung der acht Kameras – gelegentlich kommt noch eine neunte Kamera auf einem Stativ im Saal hinzu – ist mit der Benennung einer Presetnummer exakt definiert.


BU: Die Partitur ist das Drehbuch für die Umschnitte

„Durch dieses exakte Drehbuch und das eingespielte Team in der Liveregie sind tatsächlich eher wenige Änderungen der Schnittfolge in der Videonachbearbeitung notwendig“ erläutert Christoph Franke. „Aber natürlich passiert es schon einmal, dass ein Musiker in dem Moment, in dem auf ihn umgeschnitten wurde, noch gar nicht spielt oder auch die Schärfe nicht perfekt stimmt.“

In EDIUS stehen dem Team deshalb sämtliche Videospuren aller an der Aufzeichnung beteiligten Kameras zur Verfügung. „Dank der Multicam-Funktion können wir die Umschnitte bei Bedarf anders timen oder auch eine andere Kameraquelle wählen.“

Echtzeitwiedergabe im Multicam-Modus

Die gleichzeitige Wiedergabe der bis zu neun Videospuren mit jeweils 800 Mbit/s Datenrate ist dank EDIUS kein Problem und jederzeit möglich, da die Wiedergabeauflösung bei Bedarf reduziert werden kann. „Für uns ist das ein Vorteil, den wir sehr schätzen. Denn die Wirkung und das Timing von Schnitten in Verbindung zur Musik lässt sich nur beurteilen, wenn die Wiedergabe in Echtzeit erfolgen kann“ sagt Franke.


BU: EDIUS im Multicam-Modus ermöglicht die Wiedergabe in Echtzeit

EDIUS-Tools wie der Layouter und die Primäre Farbkorrektur erlauben schnelle Korrekturen einer Einstellungsgröße oder eines Framings. Belichtung und Weißabgleich können ebenso intuitiv korrigiert und angeglichen werden.

Das Master: 800 Mbit/s Videodatenrate und 98 KHz 24 bit Audio

Der Workflow der EDIUS Postproduktion ist ganz darauf abgestimmt, eine optimale und damit zukunftssichere Qualität von der Aufnahme über die Bearbeitung bis hin zum exportierten Master in möglichst kurzer Zeit zu erhalten. Christoph Franke: „Um die originale Qualität zu erhalten, exportieren wir im Format AVC-Ultra mit 800 Mbit/s, also exakt dem Format, dass wir auch zur Aufnahme nutzen. Dank der Smart-Render-Funktion, rendert EDIUS allein die kurzen Momente neu, bei denen wir Änderungen im Bild vorgenommen haben. Dies sind dann vielleicht nur fünf Minuten eines insgesamt 2 ½ stündigen Konzertprogramms. EDIUS kann also die finale Masterdatei mit 4K HDR HLG 800 Mbit/s Videodatenrate in 50pund 96 KHz 24-bit Audio Samplerate in einem Bruchteil Zeit exportieren, die sonst erforderlich wäre.  

EDIUS Support und Feature Wünsche

Christoph Franke: „Wir haben das Glück, dass wir mit EDIUS nicht nur eine extrem performante und stabile Video-Schnittlösung gefunden haben, sondern auch einen sehr leistungsfähigen Support, der noch dazu in direktem Austausch mit dem EDIUS-Entwicklungsteam in Kobe in Japan steht.“

Innerhalb von maximal 48 Stunden erhielten die Berliner stets die gewünschte qualifizierte Auskunft – und in besonderen Fällen etwas später auch eine Programmanpassung oder Erweiterung passgenau für die gewünschte Anwendung.

So war bei dem aus Qualitäts- und Performancegründen gewünschtem AVC-Ultra-Export ursprünglich nur eine Ausgabe in mehrere 4 GB große Dateien möglich, was absolut konform zu den P2-Spezifikationen durch Panasonic war. „Für unsere Anwendung zur Ausspielung der Master-Datei mit einer Größe von bis zu 800GB machte diese durch P2 vorgesehene Stückelung allerdings keinen Sinn“ erinnert sich Franke. „Deshalb baten wir den EDIUS Support um Prüfung und Unterstützung“.

Support und Entwicklerteam nahmen sich der Sache an. Seit der Version EDIUS 9.3 profitieren nun alle EDIUS 9 Workgroup Anwender von den erweiterten Möglichkeiten. XAVC Intra 4K und AVC Ultra 4K lassen sich seitdem im MXF Container ohne Beschränkung der Dateigröße als eine zusammenhängende Datei exportieren. Darüber hinaus wurde der AVC Ultra MXF Exporter um HDR Metadaten und weitere Audioeinstellungen erweitert. Christoph Franke: „Damit wurde uns gleich noch ein weiterer Wunsch erfüllt, denn tatsächlich produzieren wir in 4K HDR mit Hybrid Log Gamma“.

Zentrales Rendering über den XRE-Transcoder Server  

Ergänzend zum Konzert-Master erstellt das Media-Team mit EDIUS auch Trailer für die Social Media Kanäle der Philharmoniker. „Und zusätzlich schneiden und untertiteln wir mit EDIUS auch die Interviews mit den Künstlern, die wir jeweils während der Konzertpause in den Live-Übertragungen streamen“.

Trailer
BU: Auch Trailer, Interviews und Social Media Inhalte werden mit EDIUS produziert

Es wird also viel produziert und entsprechend viele Projekte müssen bearbeitet und als Masterdateien ausgegeben werden. Um die Renderzeiten bei der Ausgabe der Dateien noch weiter zu reduzieren, wurde der EDIUS-Workflow um einen XRE-Transcoder Server erweitert. Damit konnte die Produktivität nochmals gesteigert werden, denn die Berechnung und der Export von Dateien geschieht nun komplett auf dem XRE-Transcoder Server. Franke: „Unsere EDIUS-Schnittplätze stoßen diesen Vorgang nur an und stehen dann unmittelbar für weitere Schnitt-Aufgaben mit voller Performance zur Verfügung.“

Als das Leitungsteam der Berliner Philharmoniker das Konzept der „Digital Concert Hall“ vor rund 15 entwickelt hat, hatten die Manager ganz sicher nicht vor Augen, wie hilfreich diese digitale Bühne auch vor dem Hintergrund einer globalen Pandemie einmal sein würde. Denn damit gelang es den Philharmonikern, manche Einschränkung der Corona-Krise zu überwinden und den Kontakt zu seinem Publikum zu halten und noch zu intensivieren.

Verlässlichkeit und Performance

Dazu Christoph Franke: „Wir haben über die letzten 15 Jahre einen Abonnentenstamm von über 70.000 Kunden aufbauen können. Darunter befinden sich viele private Musikliebhaber aber auch viele Institutionen, wie zum Beispiel Akademien und Musikschulen weltweit. Dafür sind wir sehr dankbar.

Ein wichtiger Baustein dieses Erfolgs ist die Verlässlichkeit und die Performance unserer Mastering-Anwendungen und kreativen Tools, wozu EDIUS seit dem ersten Tag gehört.“

Anmerkung: Die Abbildungen stammen aus einem EDIUS-Anwender-Portrait, das magic multi media anlässlich der Veröffentlichung von EDIUS X über die Arbeit des Media-Teams der Berliner Philharmoniker produziert hat. Sie finden in Kürze den Beitrag mit vielen zusätzlichen Informationen unter folgenden LINK.